Für viele Menschen versinnbildlicht der Vater aller Präsentations-softwares (und alle anderen übrigen auch) eine Art Hass-Liebe.
Es machen sich aber auch immer mehr Stimmen breit, die PowerPoint schlicht und ergreifend ablehnen. Zu den prominentesten darunter zählten und zählen Steve Jobs und Amazon Tycoon Jeff Bezos. Es gibt sogar eine Anti PowerPoint Partei, die – wir hätten es uns denken können – in der Schweiz gegründet wurde. Fliesstext, Flip-Chart und die freie Rede scheinen für Präsentations-Puristen die einzig wahren Botschafter prägnanter Themen zu sein. Und jetzt kommt der Knall dieser Einleitung: Wir – als die Schweizer PowerPoint-Experten – sehen das fast genauso. Aber eben nur fast.
Erwarte also in diesem Blogbeitrag Kontroverses, Einleuchtendes und knallhart Ehrliches. Wir stellen PowerPoint einerseits an den Pranger und brechen andererseits eine Lanze stellvertretend für alle Präsentationsprogramme.
Und zwar wollte Microsoft ein Werkzeug erschaffen, das Präsentationen unterstützt. Man ging davon aus, dass das Thema des Vortrags hieb- und stichfest sitzt. Dass es also im Optimalfall zunächst vom Redner recherchiert, bearbeitet, verstanden und eventuell sogar ausführlich zu Papier gebracht wurde. Im weiteren Verlauf soll es nun vereinfacht einem Publikum vorgestellt werden. Die PowerPoint-Slides waren demnach viel eher Mittel zum Zweck, den ohnehin schon reduzierten Vortragsinhalt visuell zu untermalen. Sei dies mit kurzen Bullet-Points, Tabellen, Bildern, & Co.
Die Erschaffens-Phasen einer Präsentation waren und sind im besten Fall also:
PowerPoint & Co. standen – und tun das zum Glück teilweise auch heute noch – ganz am Ende der Prozedur. Allerdings beschreibt das «teilweise» leider die Ausnahme. Und genau da fängt der Ärger an.
In vielen Unternehmensstrukturen dient PowerPoint heute nicht als Unterstützung einer Botschaft, sondern als Ausdrucksform. Um eine Entscheidung hervorzurufen oder zu begünstigen, wird weniger Wert auf den Inhalt der Kernaussage gelegt, sondern viel eher auf eine möglichst eindrucksvolle Präsentation derselben. Das geht soweit, dass haufenweise PPT-Slides verschickt werden, die die Thematik beschreiben, ohne auch nur einmal in einem tatsächlichen Vortragsrahmen präsentiert worden zu sein.
Kommt es zu einem Meeting, bei dem eine Thematik vorgetragen wird, ähneln diese Veranstaltungen eher einer langweiligen Slide-Orgie, als einem informativen Happening. Das lässt sich auch kaum noch vermeiden, da wir von einer Performanz-Kultur geprägt sind: Man muss nicht nur etwas können – man muss auch wissen, wie sich das eigene Können am wirkungsvollsten präsentieren lässt. PowerPoint ist hierzu nun mal in 95 % aller Fälle die Waffe der Wahl.
Das Ergebnis sind schätzungsweise 400 Millionen PowerPoint-User weltweit, die täglich circa 30 Millionen PPT-Präsentationen zum Besten geben. Wieviel zig Millionen im Publikum dieser PPT-Vorträge sich fast zu Tode langweilen, lässt sich nicht genau belegen. Doch mit geschätzten 85 % bis 95 % liegt man gewiss nicht weit daneben. Warum ist das so?
Diese Aussage des renommierten Rhetorik-Trainers und Präsidenten der Schweizer «Anti PowerPoint Partei» Matthias Pöhm trifft leider viel zu oft den Nagel auf den Kopf. Und es ist eben dieses betreute Lesen, das für gähnende Langeweile im Publikum sorgt. Auf jeder Folie kann man bereits sehen, was der Vortragende gleich sagen wird, und hört es dann auch umgehend.
Zudem werden dem Publikum Slide um Slide fertige Bilder, Texte und/oder Diagramme vorgeführt, die nicht nur überwältigen und Unlust fördern, sondern auch ihrer zugedachten Aufgabe rein gar nicht gerecht werden. Die Slides unterstützen den Vortrag nicht – sie dominieren ihn!
Um eine Folienpräsentation zum hilfreichen Info-Tool zu machen, bedarf es in erster Linie eines: Einen guten, fachkundigen Redner (oder Rednerin)! Die Slides dürfen wirklich nur der einfachen Verbildlichung des Gesagten dienen.
Und noch etwas deutet Matthias Pöhm ganz richtig heraus: «Beim Präsentieren liegt die Wirkung nicht im Ergebnis, sondern im Weg zum Ergebnis!»
Oder anders ausgedrückt: Der Weg ist das Ziel – nicht die Präsentation desselben!
Aus diesem Grund ziehen immer mehr Redner eine Flip-Chart als Präsentations-Tool vor. Hier lässt sich die Kernaussage Schritt für Schritt verbildlichen. Ein Strich nach dem anderen.
Dies hat zur Folge, dass das Publikum aufmerksam nachvollzieht, wie sich die Dinge entwickeln. Das ist einerseits super spannend und bleibt andererseits auch viel einfacher im Gedächtnis hängen.
Und dieses Prinzip lässt sich auch auf PowerPoint & Co. anwenden. Anstatt ein komplexes Diagramm auf einen Schlag zu präsentieren, könnte man den Aufbau der einzelnen Komponenten Slide für Slide vorführen. Das klappt sicherlich nicht immer, ist aber eine Option, die wir gelegentlich bei der Foliengestaltung anwenden.
Von unserer Seite aus kommt von tiefstem Herzen natürlich ein vehementes «NEIN». Nicht nur, weil wir unter anderem mit Präsentationsdesign und PowerPoint-Workshops unsere Brötchen verdienen. Sondern auch deshalb, weil wir wissen, wie kraftvoll, effektiv und spannend eine gut gemachte PowerPoint-Präsentation ist.
Wir sind uns aber auch im Klaren darüber, dass eine Folien-Präsentation nicht immer die beste Lösung darstellt. Dass tagtäglich viel zu viele schlechte PPT-Slides für Lethargie, Frust und Unmut in Konferenzräumen, Auditorien, Klassenzimmern und Vortragssälen sorgen. Dass Flip-Charts geniale Alternativen darstellen und dass PowerPoint wieder den Weg zurück zu seiner ursprünglich gedachten Helferfunktion finden muss.
Wie siehst du das? Findest du PowerPoint & Co. völlig überflüssig, schwörst du drauf oder nutzt du verschiedene Hilfsmittel beim Präsentieren? Ich freue mich schon sehr auf einen regen Austausch im Kommentarfeld.
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