09. März 2023 · Ellen Riesterer

Souverän vortragen: Dem roten Faden sei Dank! - #88

Der Rote Faden. Ebenso berühmt wie berüchtigt. Lass uns einmal ehrlich sein: Wie oft hast du es schon erlebt, dass jemand während eines Vortrags den Faden verloren hat?

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Ich habe aufgehört, zu zählen. Und dennoch leide ich jedes Mal mit. Der verwunderte Gesichtsausdruck, der innerhalb von Sekunden entweder ins Panische oder verkrampft Lächelnde entgleist. Das erste Ähm. Der verlorene Blick ins Innere. Und – es lässt nicht lange auf sich warten – das Eingeständnis: «Entschuldigen Sie, ich habe gerade den Faden verloren.»

Desto weiter wir auf der Karriereleiter nach oben klettern, desto mehr Vorträge bekommen wir zu hören. Von deinen Kolleg:innen im Vorstand, von Projektleitern, Geschäftspartner:innen und Zulieferern. Aus all den Roten Fäden, welche dir über die Jahre vor die Füsse gefallen sind, lässt sich bestimmt schon eine Sofadecke häkeln.

Und du? Wie viele Vortragsfäden sind dir schon entglitten? Zwei? Zehn? Hundert? Mir ist das vor noch gar nicht allzu langer Zeit mit einer gewissen Regelmässigkeit passiert. Und das, obwohl es mir leichtfällt, vor Menschen zu reden. Als Coach für Rhetorik, Storytelling und PowerPoint-Präsentationen ist das schliesslich Teil meines Jobs. Also habe ich mir überlegt, wie sich der Rote Faden rutschfest machen lässt.

Diese Erkenntnisse teile ich mit dir. Jetzt. Wenn du möchtest.

Was ist der Rote Faden überhaupt?

Er zieht sich durch jede Geschichte, jeden Vortrag und jede PowerPoint-Präsentation. Oder besser gesagt: Das sollte er zumindest. Der Rote Faden ist nichts anderes als eine logische und vor allem nachvollziehbare Gliederung. Er ist der Aufbau deiner Rede. Wenn du dir – oder dem Corporate Communications Team – zu wenig Zeit lässt, um den Vortrag zu strukturieren, dann wird der Faden immer rutschiger. Ist deine Rede aber hieb- und stichfest konzipiert, dann marschierst du da durch, als gäbe es kein Morgen. Der Rote Faden verleiht dir Sicherheit, Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit. Dein Publikum hört dir aufmerksam zu und nimmt deine Kernbotschaften auf.

Der Rote Faden selbst kann beispielsweise ein Thema sein, welches du immer wieder highlightest. Oder deine Kernbotschaft, die du mehrmals geschickt in den Fokus stellst. Wichtig ist, dass der Rote Faden für dich fortlaufend sichtbar bleibt. Und das tut er nur, wenn deine Rede übersichtlich und in sich stimmig aufgebaut ist.

Den Roten Faden definieren

Bevor du den Roten Faden deiner Rede rutschfest machst, musst du ihn erst mal definieren, beziehungsweise finden. Nach viel Recherchearbeit im Netz und dem Durchforsten meines Erfahrungsschatzes bin ich zur folgenden Erkenntnis gelangt: Letztendlich sind es die Antworten auf folgende Fragen, die den Roten Faden deines Vortrags weben.

  1. Welches Ziel verfolgst du mit der Rede?
  2. Was möchtest du vermitteln? / Was möchtest du genau sagen?
  3. Was ist das Kernthema des Vortrags?
  4. Aus welchem Anlass hältst du die Rede? Und warum hältst du sie und niemand anderes?
  5. Wer ist dein Publikum? Und wie willst du es überzeugen?
  6. Wie möchtest du reden, beziehungsweise wahrgenommen werden? Möchtest du zum Beispiel ermahnen, motivieren oder anerkennen?

Schreibe dir die Antworten auf. Daraus lässt sich sehr gut erkennen, wie du die Rede am besten strukturierst. Halte dich dabei an den klassischen Aufbau: Anfang – Mittelteil – Ende. Apropos Vortragsziel:

Sattle das Pferd von hinten auf!

Deine komplette Rede ist dahin gehend ausgerichtet, am Ende deinen Kernpunkt heimzufahren. Mache dir also zunächst Gedanken darüber, wie das Ende des Roten Fadens aussieht. Die Schlussaussage ist Key! Formuliere diese gleich am Anfang ganz klar aus. Alle Argumente, die diese Schlussaussage optimal unterstützen, verwebst du in den Roten Faden und somit in die Rede selbst. Alle anderen Gedankengänge, die nicht komplett überzeugen, fliegen raus.

Was, wenn der Faden verloren geht?

Dann ist das so. Und es ist auch nicht weiter schlimm, solange du nicht in eine längere Schockstarre verfällst. Denke daran, dass sich jeder hier im Publikum mindestens einmal in derselben Lage befunden hat. Jeder kennt den Roten Faden und seine Fähigkeit, spontan verloren zu gehen.

Ein Faden ist von Natur aus ein langes Konstrukt. Wenn er dir an einer Stelle aus der Hand rutscht, dann greife einfach ein Stück vor. Was dir jetzt im Moment nicht einfällt, das kannst du später noch mal aufgreifen oder weglassen. Egal. Alles ist gut. Bleib souverän. Häng deinen Aussetzer nicht an die grosse Glocke. Sprich ganz normal weiter. Halte dir nicht das Straucheln vor Augen, sondern deine Kernaussage. Sobald du diese siehst, dann hast du automatisch wieder den Roten Faden in der Hand. Wichtig ist, dass du deine Rede zu Ende bringst und deine Schlussaussage zum Besten gibst.  

Übung macht Rote Fäden rutschfest

Es ist mir schon klar, dass die Rede-Sicherheit proportional mit der Arbeitserfahrung steigt. Wer es bis in die Chefetage geschafft hat oder gar das eigene Unternehmen leitet, der hat garantiert schon reichlich Vorträge gehalten. Das bedeutet aber leider nicht zwangsweise, dass jede dieser Ansprachen zielführend, flüssig vorgetragen und ein wert-bringender Hochgenuss für das Publikum war. Ich lehne mich jetzt mal aus dem Fenster und behaupte, dass ein Grossteil der gehaltenen Vorstandsreden nichts ist, worauf die Mitarbeitenden freudig drauf hinfiebern. Das hat verschiedene Gründe:

  • Nicht jeder Mensch ist für die Bühne geboren.
  • Egal ob in der Chefetage oder in der Produktionshalle: Lampenfieber diskriminiert nicht.
  • Routine und Selbstüberschätzung bringen selbst die redegewandtesten unter uns ins Straucheln.

Übung ist das beste Mittel gegen verlorene Fäden. Desto vertrauter du mit dem Inhalt sowie der Struktur des Vortrags bist, desto rutschfester wird der Rote Faden. Das gilt auch noch nach jahrelanger Berufserfahrung, zig gehaltenen Reden und Rhetorik im Blut.

Als zusätzliche Stützen können Keywords auf Karteikarten, kurze Sätze auf Papier oder ein rascher Blick auf die entsprechende PowerPoint-Folie helfen.

 

Rhetoriktipps aus der Hosentasche

Wenn du deine Vortrags-Skills und Rhetorik-Fähigkeiten auf das nächste Level heben oder du dein Team diesbezüglich weiterbilden möchtest, dann buche unseren Rhetorik-Workshop. Für Fragen und/oder konstruktive Anregungen zum Thema kannst du dich gerne mit mir auf LinkedIn vernetzen. Ich freue mich schon auf unseren Austausch.


Ellen

Autor:in

Ellen

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