15. Januar 2024 · Ellen Riesterer

Storytelling vom Meister des Horror-Genres: Stephen King

Was wir von den besten Geschichtenerzählern unserer Zeit lernen und auf das strategische Storytelling übertragen können. Teil 2: Stephen King

Im zweiten Teil unserer Blogserie «Die besten Storyteller aller Zeiten» wird es dunkel.

Teilweise – zumindest für meinen Geschmack – zu dunkel. Seit ich nämlich in meinen jungen Jahren das Buch «ES» von Stephen King gelesen habe, komme ich mit Clowns nicht mehr klar. Da können die mir noch so lustige Luftballon-Dackel zwirbeln: Wenn ich einen Clown sehe, dann halte ich mindestens drei Meter Sicherheitsabstand. Und das als erwachsener Mensch.

Storytelling à la Stephen King entführt uns in Welten, die das Normale ad absurdum führen. Selbst ein knuffiger Bernhardiner – eines der treusten, schönsten Markenzeichen der Schweiz – verwandelt sich in Kings Erzählung «Cujo» zur echten Ausgeburt der Hölle. Abgelegene Hotels? Seit «The Shining» auch nicht mehr mein Ding. Die Liste lässt sich mit jeder Horrorstory, die ich von Stephen King gelesen habe und – ich muss es gestehen – noch lesen werde, weiter fortsetzten.

In Anbetracht dessen stellt sich mir eine ganz einfache Frage: Warum tue ich mir das an? Die Antwort darauf ist ebenso simpel: Weil Stephen King ein sagenhafter Storyteller ist.

Was ihn dazu macht, wie es ein Mensch schafft, so viel zu schreiben, und was wir von Stephen King für unser Storytelling lernen können, das erfährst du jetzt. Wenn du dich traust.

 

Stephen Kings Lebensgeschichte: ein amerikanischer (Alb)Traum

Dass viele der Bestseller von Stephen King im US-amerikanischen Bundesstaat Maine (Portland) spielen, ist kein Zufall. Dort wurde er im Jahr 1947 geboren, dort trennten sich seine Eltern, als er noch ein Kleinkind war. Seine Mutter zog ihre beiden Söhne allein gross, wechselte öfters den Wohnsitz und kehrte letzten Endes wieder zurück nach Maine. Sie übernahm ausserdem die Pflege der Grosseltern und arbeitete nach deren Ableben in der Küche einer psychosomatischen Klinik. Stephen King war elf Jahre alt, als die Familie nach Maine zurückkehrte.

King schrieb bereits im zarten Alter von sieben Jahren seine ersten Geschichten. Er liebte das Kino – besonders Fantasy- und Science-Fiction-Filme – und verschlang geradezu Bücher. Die Schienen in Richtung Erfolgsautor waren scheinbar schon damals gestellt, und sein Hang zum Gruseligen, Abnormalen lässt sich hier auch schon erkennen.

Dass das echte Leben grausamer als jede Geschichte sein kann, das musste Stephen King schon früh und dann immer wieder erfahren. Sein bester Kindheitsfreund wurde vor seinen Augen von einem Zug erfasst. Als Erwachsener verfiel King dem Alkohol, zog sich dazu ordentlich Kokain durch die Nase und geriet in logischer Konsequenz in eine starke Abhängigkeit. Es folgten mehrere Entzüge. Heute ist er clean, besucht aber dennoch regelmässige Treffen der Anonymen Alkoholiker. 1990 wurde er als Spaziergänger Opfer eines schweren Autounfalls.

 

Diese Erfahrungen prägten und legten sicherlich auch viele Grundsteine seiner literarischen Welten, in denen er normale, kleinstädtische Alltagstrott in handfeste Albträume verwandelt.

King heirate früh, wurde 1970 zu ersten Mal Vater, bekam einen Job als Englischlehrer, musste, um seine Familie zu unterhalten, nebenher noch in einer Wäscherei arbeiten. In der knapp bemessenen Freizeit schrieb Stephen King Kurzgeschichten, von denen einige veröffentlicht wurden.

Der Durchbruch gelang ihm mit «Carrie» im Jahr 1974. Ich habe mir eigentlich vorgenommen, an dieser Stelle alle Werke (Romane, Kurzgeschichten etc.) zu listen, die Stephen King bis heute geschrieben hat.

Vergiss es. Diese Liste würde Seiten füllen und den Rahmen nicht nur sprengen, sondern pulverisieren. Wenn es dich interessiert, dann schau einfach mal auf der Website von Stephen King nach.

Was wir von Stephen King fürs Storytelling lernen können

Wenn es um das strategische Storytelling geht, dann sind es vor allem die früheren Werke von Stephen King, welche hier geniale Ansätze geben. Sicherlich ist es auch die Art und Weise, wie King den Spannungsbogen innerhalb seiner Geschichten aufbaut, spannt und mit aller Wucht schnalzen lässt. Nicht nur einmal, sondern immer wieder, bis hin zum grossen Finale.

Was mich aber noch mehr begeistert, das sind einerseits die Protagonisten:innen und andererseits die Bühne, beziehungsweise das Setting.

Wie schon am Anfang festgestellt, spielen viele seiner besten Werke in einer ganz normalen Welt. Meist in einer Kleinstadt, die es so überall auf der Welt geben könnte. Man kennt die Nachbarn, den Trödelladen an der Ecke, das Einkaufszentrum im neuen, noch sehr übersichtlichen Industriegebiet. Alle Einwohner:innen wissen, wo die «Reichen» wohnen, wo man sich nach acht Uhr abends nicht mehr aufhalten sollte. Mit dem Postboten ist jeder per du, der Sonntagsgottesdienst ist immer gut besucht und die grössten Probleme, mit denen sich die kleine Polizeistation herumschlagen muss, sind Ruhestörungen, entlaufene Katzen und die gelegentliche Prügelei in der Dorf-Disco.

King malt uns eine Welt, die wir kennen. Auch wenn wir in einer Grossstadt leben oder weit abgeschieden auf dem Land wohnen, so haben wir kein Problem damit, uns in diese Bühne hineinzuversetzen. Das gilt auch für das Leben der Protagonisten:innen: Alltagsproblemchen, Familie, Freundeskreis. Alles, was am Anfang der Story zu lesen ist, lässt sich auf unser Leben beziehen.

Bis dann eben ein Clown anfängt, Menschen auf gruseligste Weise um die Ecke zu bringen, ein Bernhardiner Amok läuft, bereits beerdigte Haustiere plötzlich ihr Unwesen treiben usw.

Übersetzt auf das strategische Storytelling: Gestalte die Bühne deiner Story so, dass sich dein Publikum darin ohne Probleme wiederfindet. Desto näher dein Storytelling am Alltag deiner Zuhörerschaft liegt, desto leichter identifiziert sich die Zielgruppe mit deinem Produkt, deinem Service und/oder deinem Projekt.

Mein Fazit zu Stephen King in Relation zum strategischen Storytelling

Stephen Edwin King ist einer meiner Lieblingsautoren. Ich habe bei weitem nicht einmal ein Drittel seiner Werke gelesen, doch jedes Mal, wenn ich ein Buch von ihm aufschlage, geht in mir ein Gefühlskarussell los. Einerseits freue ich mich darauf, in die Geschichte einzutauchen, mich zu fürchten und – ja, es ist kindisch – die Nachttischlampe beim Schlafen anzulassen.

Andererseits bin ich aber auch etwas wütend, weil mir Stephen King schon so einiges, im Grunde harmloses, versaut hat. Clowns, zum Beispiel.

Dankbar bin ich ihm aber immer für die neuen Insights, die sich auf das strategische Storytelling anwenden lassen. Allen voran seine sagenhafte Fähigkeit, nachvollziehbare, realitätsnahe Bühnen zu malen, in denen sich seine Leser:innen innerhalb weniger Seiten zu Hause fühlen. Genau das willst du beim Storytelling erreichen. Und wie das am besten geht, das verrate ich dir gerne in unseren Storytelling-Workshops «Storywerke».

Storyprofi im Hand­umdrehen?


Ellen

Autor:in

Ellen

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